Call of Duty: Black Ops 2

Auf die gute alte Rock-n-Roll-Freundschaft

Will man Menschen, die noch nie einen Teil der Call-of-Duty-Reihe gespielt haben, das Spielerlebnis näher bringen, sollte man das Bild eines Menschen zeichnen, welcher von allen Seiten gleichzeitig per Megafon angeschrien wird. Daher erzählt RUDOLF INDERST die Geschichte anders. Diese ist nicht minder fiktional.

Disclaimer: Man sagte mir, der Text sei gerade noch so auszuhalten, wenn man die Kampagne des Spieles BIS ZULETZT genossen hat. Ich widerspreche nicht. 

Sie waren die größten Freunde auf der High School: Jimmy Summer und Eddy Johnson. Da die Pubertät der Kreativität jungen Männern selten, aber beizeiten eben schon, Flügeln verleiht, verfolgten die beiden einen perfiden Plan – um die Coolness zu steigern, was, wie sie fest glaubten, die Chancen erhöhen würde, ein paar junge Damen auf den Rückbänken der SUVs der Eltern zu begatten, entschieden sie sich für einen Image-, und vielleicht noch wichtiger, für einen Namenswechsel. Jimmy Summer, der einen mexikanischen Großonkel in der Familie hatte (auf den die Familie nicht stolz war und diesen tunlichst verschwieg), glaubte, nach einer längeren Betrachtung im Spiegel, ein wenig lateinamerikanisches Blut in seinen Adern fließen zu sehen (oder zumindest zu spüren). Konsequent sollte sich Jimmy in Zukunft nur noch Raul Menendez nennen. Eddy Johnson hingegen konnte bei bestem Willen nicht auf Latin Lover machen, aber auch er hatte einen, wie er meinte, bombensicheren Plan. Er wusste genau, dass die Ladys immer schon nur bedingt auf Rock, aber unbedingt auch Rocker standen. Er musste sich einen harten Rockernamen ausdenken, etwas, das bodenständig klang, nicht zu abgefahren. Ein Name, der das solide Arbeiterethos eines Musikers ausstrahlte, der dennoch nicht abgeneigt war, hin und wieder einen Blick in die Menge der Fans zu werfen, um auszuwählen, welches Fanfrischfleisch heute nach dem Konzert noch auf dem Tisch der Groupie-Leidenschaft verspeist werden würde. Gesagt, getan, in Zukunft wollte er nur noch mit Frank Woods angesprochen werden.

Zusammen, so war der Plan, wollten sie eine Schülerband gründen, wie es noch eine gegeben hatte. Eine Band, die die Musikwelt aus den Angeln … naja, sie hatten eben Ambitionen. Besonderes Augenmerk richteten sie dabei auf den Bandnamen. Sehr vernünftig – schließlich wussten die beiden als Konsumenten, dass der Erfolg einer Gruppe oftmals mit dem Namen stand und fiel. Brauchte man noch ein »The« im Namen? Sollte es ein wenig esoterisch klingen? Oder eher futuristisch? Schließlich fiel Jimmy, pardon Raul, eine alte Autobiografie eines Herzchirurgen namens Cordies Die in die Hände, und es schien sofort klar, dass nur dieser Titel auch der Name der Band werden konnte. Damit war es entschieden: Unter diesem Namen entwickelten sich die beiden jungen Herrn zu einem Powerhaus in Sachen Schulrock-Musik. Ihre Gleichung war aufgegangen – wenn man auch nicht von Sex, Drugs and Rock and Roll in Reinkultur sprechen konnte, so war es zumindest eine verdammt gute Zeit, an die sich beide ihr Leben lang erinnern sollten.

 

Zeitsprung – 50 Jahre später. Über Umwege erfährt Raul Menendez, der seinen Namen nie wieder in Jimmy Summer zurück geändert hatte, obwohl er es seiner sterbenden Schwester, die den ursprünglichen Namenswechsel immer äußerst albern und peinlich fand, felsenfest versprochen hatte, dass sein alter Schulfreund Eddy Johnson (wie Raul bald herausfinden sollte, hatte dieser kurioserweise sich ebenfalls dazu entschieden, seinen Künstlernamen Frank Woods zu behalten) in einem Pflegeheim gelandet war. »Der alte Frank im Rollstuhl«, dachte Menendez. Tatsächlich? Eigentlich undenkbar, früher, als die beiden so manche Undercover-Mission im Schulhaus geplant und durchgeführt hatten (scherzhaft hatten die beiden diese Aktionen immer Black Ops genannt) , war Eddy doch immer der lebhafte Überaktive gewesen! So einen Mann konnte doch kein Rollstuhl lange halten! Und so beschloss Raul, seinem alten Freund und Bandkollegen einen Besuch abzustatten.

Eddy freute sich sichtlich, dass Jimmy-Raul – so hatte Eddy Jimmy immer in seinem eigenen Namensspeicher genannt – vorbeischaute. Tatsächlich machte ihn das Dasein als Pflegefall nur noch schlapper, älter und depressiver. Zwar schauten zwar ab und an, seine alten Collegefreunde und Arbeitskollegen, zum Beispiel der ehemalige Schulsprecher David Mason, vorbei, aber insgesamt war das Leben hier sittsamst, geordnet und stinklangweilig. Raul war über den Zustand Eddy-Franks ziemlich geschockt. Das soll Eddy-Frank sein? Mr. 100.000 Volt? Um ehrlich zu sein, er erinnerte Raul eher an seinen alter Sportlehrer Jason Hudson, der vor zwei Jahren einen tödlichen Unfall erlitten hatte, weil er am Schreibtisch eingeschlafen und mit dem Gesicht in einen angespitzten Bleistift gefallen war. Das konnte doch wohl nicht sein, gut, okay, der Rollstuhl, meinetwegen, dachte Raul. Keine schöne Sache, aber doch wenigstens ein Tribut, eine Hommage an die derart wilden Zeiten, dass man nun eben sitzend-rollend Chef des Geschehens war, aber der Rest ging gar nicht: diese aschfahle Haut, diese trüben Augen! Das war nicht der Eddy-Frank, den Raul kannte. Und das konnte auch nicht so bleiben, nein, nein, nicht mit Raul! In seinem Kopf reifte bereits ein Plan heran, der Eddy noch einmal gehörig Feuer unter dem Arsch machen sollte.

»Eddy, ich habe nachgedacht«, sagte Raul. »Ach ja?« »Ja.« »Okay…und über was?« »Über die guten alten Zeiten.« »Die guten alten Zeiten also«, wiederholte Eddy. »Ja, die guten alten Zeiten. Über uns. Und über Cordies Die.« »Cordies Die … «, raunte Eddy ehrfurchtsvoll. Man konnte erahnen, dass er oftmals selbst wehmütig an die damaligen Auftritte gedacht hatte. Dass er diese vermisste und als die besten Minuten und Stunden seines Lebens bezeichnete. Jeder im Heim wusste davon. Er hatte Ärzten, Schwerstern und Pflegern unzählige Male schon die alten Fotos gezeigt, die restaurierten, verwackelten Videos vorgespielt und die Refrains der alten Smash-Hits so laut im Raum gebrüllt, dass die Nachbarn empört an die Wände geklopft hatten. Was wussten die schon vom Rock, dachte Eddy. Was wussten die schon? »Hör mal zu, Eddy, wie wäre es, wenn wir es noch einmal so richtig krachen lassen? Wir beide? Gegen die Welt?« Eddy dachte nach. »Du meinst, einen letzten Auftritt als Cordies Die?« »Genau! Wir wollen uns so ein paar junge Hüpfer, die den Rest der Bandpositionen besetzen – zum Beispiel jemand für den Bass und einen Sänger …« »Einen Sänger?« »Ja, komm schon. Eddy, ich weiß, Du hast früher krakeelt wie kein Zweiter – man nennte Dich den weißen Jonas Savimbi, aber findest Du nicht, dass Deine Schlagzeug-Künste immer doch einen Tick besser waren?« Mürrisch nickte Eddy. Raul hatte recht. Arschloch. Der Vergleich mit dem Angolaner gefiel ihm jedoch sehr gut.

»Wie sollen wir das anstellen? Ich meine, wer gibt denn zwei alten Herren die nötige Kohle, um einen richtig coolen Auftritt hinzulegen?« »Das lass mal meine Sorge sein. Ich habe da über Umwege einen gewissen David S. Goyer kennengelernt. Und der wiederum hat den Kontakt zu einer großen Entertainment-Firma hergestellt. Die machen diese Spiele, die die Kids heute so lieben. Soll ein verdammt großes Geschäft sein. Die setzen wohl Millionen um, meint David.« »Ist das so wie dieses Pong von ein paar Jahren?« »Na, das ist doch wohl schon ein wenig länger her. Aber im Prinzip schon, alles so ein Aktion-Reaktions-Ding, nur die Grafik wird jedes Jahr besser.« »Und das reizt die Leute?« Eddy war skeptisch. Welche Firma konnte denn damit ernsthaft Geld verdienen? Niemand würde etwas kaufen, das im Grunde immer dasselbe nur in anderer Fassadenfarbe war. Doch Raul lies nicht locker. »Hör mal, das kann uns doch völlig egal sein. Hauptsache, die haben die Kohle, und wir können auf deren Rücken ein Comeback feiern! Das wird gi-gan-tisch!« »Also ich weiß nicht … meinst Du wirklich?« Raul setzte noch einmal alles auf eine Karte: »Hör mal, wenn das nichts wird, dann gebe ich höchstpersönlich meine geheime Zweitkarriere als Horrorschriftsteller von ZOMBIE-Romanen auf und diene Dir fortan als Pfleger hier im Heim.« Eddy gluckste. »Na, so weit wollen wir mal nicht gehen.«

 Fünf Stunden später war alles unter Dach und Fach – damit hatten Jimmy-Raul und Eddy-Frank wirklich nicht gerechnet. Doch der große Konzern hatte ohne lange Umschweife zugesagt – wie ihnen eine freundliche Dame am Telefon erklärt hatte, käme diese Offerte genau zur richtigen Zeit! Ein paar Rockmusiker, die assistierend zur Seite stünden, würde man schnell finden, eine Location ist auch sehr schnell zur Hand. Die Firma kenne da so ein Ferienidyll für Reiche und Schöne. Das könne man für einen Abend problemlos sabot-, äh, reservieren. Nein, wirklich, das sei kein Problem, schließlich gehe es doch um Kultur und nicht um Terror oder so. Wirklich entscheidend sei ja, dass man den Auftritt wirklich cool in Szene setze, ein einfacher Auftritt wäre zu schwach. Natürlich könne man versuchen, VIP-Gäste zu gewinnen, vielleicht habe ja sogar David Petraeus Zeit – der sei schließlich heißer Action nie abgeneigt. Kriegsentscheidend jedoch sei die Multimedialität! Während im Vordergrund Cordies Die »die Scheiße fett rocken« (so der O-Ton der Marketingfrau) sollte, könne im Hintergrund doch ein »endsfetter« (weiterer O-Ton) Videoclip laufen. Mann könnte Frank Woods und Raul Menendez so richtige als »knallharte Killermaschinen mit Herz oder so« (erneut O-Ton) inszenieren. Zusammen wirke das wie der »übergenozidgeile Shizzle« (das wiederum habe sie von ihrem Sohn, so die Frau).

 

Und genau so wurde es dann gemacht. Fire at will.

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