Auf No Man’s Sky habe ich lange gewartet. Allerdings nicht in einem pathologischen Zustand – die Tatsache, dass besonders gestrickte Zeitgenossen sich ereiferten, Todesdrohungen an das Entwicklerteam zu senden, da dieses den ursprünglichen Releasetermin nicht halten konnte, beschämt mich zutiefst und lässt mich immer wieder davor zurückschrecken, offen und ehrlich zu sagen: Ich zähle mich zu dieser SpielerInnen-Gemeinschaft hinzu. Nein, mit solchen Subjekten möchte ich nicht in einen Topf geworfen oder gemein gemacht werden.
Machen das – um einen Vergleich zu finden – eigentlich Hörer klassischer Musik auch? Zum Beispiel, wenn Jonas Kaufmann verlautbaren lässt, dass es knapp wird mit Nessun Dorma? „Ey, isch töte Disch und Dyne Famili! Isch steck Disch durch Klawirsyte!!!“ Zu dreist? Zu plakativ? Nein, liebe SpielerInnen, macht die Augen auf, DAS sind nach wie vor die Assoziationen, die geweckt werden, wenn „Gamer“ plötzlich zu Aktivisten werden und dabei moralisch schneller verkümmern als Bonobo-Affen vor sich hin rammeln.
Ich habe also lange auf den SciFi-Titel gewartet. Gut, das machen andere auch. Manche wiederum warteten zum Beispiel lange auf Suicid Squad oder Batman v Superman und fühlen sich nun doppelt betrogen: Wo ist dieser Synder und was kann ich ihm antun? Der Mensch, so scheint es offenkundig, ist kein Tier. Dazu fehlt ihm der Geist. Unnachgiebig ereifern sich die Legionen von Moccacino-Aktivisten, Bartöl-Weltbürger und Minisegway-Dozenten.
Sie fühlen sich um ihre eskapistische Erlebniswelt betrogen und merken nicht, dass sie schon längst in ihrem eigenen Sarkasmus zu ersaufen drohen, den Industrie und Marketing nur für sie eigens konzipiert, angerührt und wie dickflüssigen Kot über sie ergosssen hat. Und sie wälzen sich allzu gerne darin und lieben die kleinen Bröckchen, die sie finden, welche sie für den kulturellen Trüffel halten, den sie durch ihre drittklassige Pop-Hermeneutik glauben, freigelegt zu haben. Ich habe lange auf No Man’s Sky gewartet.
Unaufgeregt, allerdings nicht ohne eine geweise Heiligkeit im Tun, legte ich schließlich die Disc ein, installierte die Updates und begann meine Geschichte, die nicht sonderlich von der Normans abweicht. Und Normans Geschichte dürfte – mit der Macht der großen Zahl gesprochen – wiederum nicht sonderlich von vielen anderen galaktischen Ausflügen abweichen. Isolation. Einsamkeit. Ein Aufsichselbstgeworfenwerden. Ein Zurückgelassenwordensein.
Trotz der Schiffe, die immer wieder am Horizont herumkreisen und gerade deshalb – wie ein paar Scheibenwischer in Aktion – sich nie näherkommen, sich gerade weit genug entfernt voneinander befinden, um durch das Gebrüll des Seins und der Sterne nicht zu verstehen, was der jeweils andere möchte, wohin er will und was er sich davon erhofft. Irgendwann, so meine ich, wird der Sprit ausgehen, das Raumschiff an einem Bergrücken zerschellen. Irgendwo erlischt in den Rechnerketten eine 1 oder eine 0. Wer erinnert sich an diesen Raumfahrer? Ich. Ich sah ihn.
No Man’s Sky benötigt kein No Man’s. Es ist Sky. Es ist das, was man Ende übrig bleibt. Das, was man selbst daraus macht. Der horror vacui ist nicht da draußen. Nicht in diesem Spiel. Er ist in uns selbst. Und er ist viel schrecklicher als wir dachten.