Nach einem Jahr Next-Level-Pause griff ich dieses Jahr wieder an; nicht nur hatte sich die NLK in den letzten Jahren als informatives Game-Culture-Pflaster herausgestellt, sondern die Verlagerung des Standortes von Köln nach Dortmund weckte mein zusätzliches Interesse: Dortmund, das ist immer noch „Rap in meinen Ohren“ (unvergessene Helden meiner Musik-Sozialisation sind z.B. Too Strong). Ganz neben freute ich mich darauf, Micha von Kollisionsabfrage zu treffen.
Dortmund machte es mir allerdings verkehrstechnisch erst einmal ziemlich schwierig. Nachdem man mir in München sehr kurzfristig mitgeteilt hatte, dass der gebuchte Nachtzug nicht würde fahren können, entschied ich mich für die harte Tour: Mit dem ICE nach Stuttgart (dort um 23h aufschlagen), dann bis kurz nach drei Uhr in der Früh warten, dann in den nächsten ICE und ab nach Frankfurt, wo es wieder ans Warten ging – etwa bis halb sechs; der dritte Zug brachte mich schließlich zum Ziel. Zwei Stunden vor Konferenz-Eröffnung schlug ich in Dortmund auf. Zu diesem Zeitpunkt war ich zwei Tage wach gewesen.
Mein Programm für Tag 01
Spielräume eröffnen – Gamification in Bildungskontexten
Ob analog oder digital: Gut gestaltete ›Spielräume‹ außerhalb des Alltäglichen motivieren Menschen seit Jahrhunderten dazu, ihre Kompetenzen zu erproben und zu erweitern — also zu lernen. Da die mit digitalen Spielen sozialisierte Generation inzwischen die formalen Bildungsräume bevölkert, wird verstärkt versucht Lernprozesse ›spielerischer‹ zu gestalten. Das Konzept der Gamification verspricht, dass sich einzelne Elemente von Spielen nutzbringend in nicht-spielerische Kontexte überführen lassen. Die Keynote durchleuchtet einige Grundannahmen des Gamification-Ansatzes und stellt zentrale Fragen für seine erfolgreiche Anwendung.
eSport als jugendkulturelles Phänomen
In den Medien werden Computer- und Konsolenspieler oft stereotyp als »Nerds« dargestellt. Umso überraschender ist es wohl für viele, wenn sich Spieler als »Athleten« bezeichnen, ihr Hobby in Ligen organisieren und an sportlichen Wettbewerben teilnehmen. Der eSport ist ein relativ neues Phänomen – und er sorgt immer wieder in der breiten Öffentlichkeit für Verwunderung und Irritationen. Tatsächlich ist vielen Nicht-Spielern wenig über eSport bekannt. Dies liegt auch daran, dass bislang nur wenige Studien zu diesem Bereich durchgeführt wurden – mithin fehlen bislang Vergleichsdaten und Fakten, wer eSport betreibt und warum. Abhilfe versprechen die Forschungsarbeiten des Teams von Thorsten Quandt. Der Münsteraner Professor verantwortet die jährlichen Repräsentativstudien GameStat mit umfassenden Daten zum Gaming in Deutschland. Zudem hat er unlängst eine Befragungsstudie mit mehr als 1250 Gamern der Electronic Sports League (ESL) durchgeführt. In seinem Vortrag wird er den »Normalspielern« mit den eSportlern vergleichen und auch darauf eingehen, ob eSportler tatsächlich mehr und intenvsiver spielen, ob sie im ›echten‹ Leben sportlicher sind, und was den eSport von klassischen Vereinen unterscheidet.
Mobile Gaming
Placity ist die App des Kaiserdom APP Project. Mit dem QuestionEditor werden sogenannte »Games« erstellt, die dann auf das Smartphone (iOS oder Android) geladen und mit der App gespielt werden können. Games sind nicht nur Spiele, sondern können auch Stadtführungen, Erlebnistouren, Audioguides oder Informationsapps sein. Der Kreativität jedes Einzelnen oder auch jeder Projektgruppe sind keine Grenzen gesetzt. Durch die Zusammenstellung von Anzeigetypen (Screens) kann trotz des simplen Aufbaus der einzelnen Screens auf einfache Weise ein komplexes Game entstehen.Die beiden Vertreter aus dem jungen Entwicklerteam stehen in Diskussion mit Prof. Dr. Jörg Müller-Lietzkow von der Universität Paderborn, der sich wissenschaftlich mit Mediensystemen und Medienökonomie auseinandersetzt.
Women ’n‘ Games
Erfolgreiche Frauen aus der Spielewirtschaft sprechen über Chancen & Karriere. Das Spielen zum Beruf machen: Viele Frauen entdecken die Gameswirtschaft als ideale Branche für ihren beruflichen Einstieg nach Schule oder Studium, als Ausbildungsstätte oder für den Quereinstieg. Von PR und Marketing über Event und Community Management bis hin zum Web Design oder Entwicklung, Women und Games passen gut zusammen. Über Karrierechancen, flache Hierachien, Gestaltungsspielraum und ihren ganz eigenen Weg berichten erfolgreiche Vertreterinnen der Branche. Im Anschluss stehen sie für Fragen bereit.
Ausbildung + Weiterbildung – Dein Weg in die Spielewirtschaft
NRW ist bekannt für seine wachsende, umsatzstarke Gameswirtschaft. Aber wie kommt man an die begehrten Jobs? Welche Qualifikationen werden von den Unternehmen erwartet, bei denen man sich für eine Arbeitsstelle oder Ausbildung bewirbt? Und wo erhalte ich diese Qualifikationen? Vertreter von Unternehmen, Universitäten und Forschungsinstitutionen sowie Verbänden klären in interessanten Kurzvorträgen auf. In der anschließenden Diskussion bleibt Zeit für Fragen und Antworten aus dem Publikum.
Game Design – Neue Trends und Entwicklungen
Level Design, Character Design, Responsive Design – ein Computerspiel ist immer ein Produkt guten Designs. In dieser kleinen Ringvorlesung werfen bekannte Experten einen informativ-unterhaltsamen Blick auf das Thema Game Design. Was sind aktuelle Trends, wohin entwickeln sie sich, welche neuen Formate, Technologien und Konzepte versprechen Erfolg und Nutzerbindung? In seinem Vortrag diskutiert Jörg Niesenhaus neue Trends und Innovationen im Bereich der Spieltechnologie, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung von Computer- und Videospielenhaben. In diesem Zuge wird er den Einfluss mobiler Geräte mit Gesteneingaben, Cloud-basierter Game Services und der in Kürze erscheinenden neuen Konsolengeneration auf das Game Design anhand von Beispielen aufzeigen. Ein besonderes Augenmerk des Vortrags wird dabei auf den Benutzerschnittstellen (Game Interfaces) und der Zugänglichkeit von digitalen Spielen liegen, die bei der Erschließung neuer Zielgruppen von großer Bedeutung sind. Krystian Majewski führt in seinem Vortrag durch das Game Design der Independent-Spiele. Es werden insbesondere die populären Genres, Themen und Spielmechaniken der letzten 6 Jahre diskutiert. Ferner wird auch der Einfluss der Independent-Szene für die kommende Spielegeneration beleuchtet. Von wegen – dick, dumm und faul: Spiele machen nicht nur Spaß, sie machen die Welt auch besser. Zwischen Spielspaß und Spielzweck besteht offenbar ein unauflösbares Band. Was es damit auf sich hat und warum sich Game Designer trauen sollten, vor allem Spielfreude zu generieren, darüber spricht Prof. Dr. Linda Breitlauch im Rahmen dieser Ringvorlesung.
Abends ging es in die Dortmunder Innenstadt – dort fanden wir (u.a. dabei Krystian Majewski und Nina Kiel) nach längerer Suche ein feines Plätzchen namens Linus. Die Speisen waren recht gut, doch der eigentliche Spaß bestand darin, unser Abendgespräch (Thema: das Spielejahr 2013) mitzuschneiden – ich bin gespannt, wo dieses auftauchen wird.
Als ich den Weg zum Hotel antrat, geschah dies via Taxi, welches sich als sehr gute Wahr heraustellte, da das Ibis Dortmund West tatsächlich im Niemandsland liegt. Ohne PKW ist die Hotelwahl eine kleine Herausforderung.
Mein Programm für Tag 02:
Zur S-Bahn finden. Mit dem Bus. Und umsteigen. Falsch. Zurück. Irgendwann S-Bahn. Irgendwann Ankunft im Dortmunder U. 60 Minuten NACH ETA.
Kunst und Computerspiel
Um die Jahrtausendwende begann eine ernsthafte künstlerische Auseinandersetzung mit dem Medium Computerspiel. Ausstellungen von »Cracking the Maze« (Anne-Marie Schleiner, 1999) bis »games.Computerspiele von KünstlerInnen« (Tilman Baumgärtel, 2003) griffen das Entstehen einer »Game Art« auf und etablierten das Genre international und im deutschsprachigen Raum. Eine Dekade später schauen wir auf die aktuellen Positionen dieser Game Art. Wie hat sich diese Kunstform gewandelt und was sind die hiermit verbundenen Strategien der Künstler? Wo befinden sich die Orte der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Medium? Und welche besonderen Aufgaben kommen auf den Ausstellungsraum zu, um diese Game Art adäquat abzubilden. Im Gespräch diskutieren Künstler der Ausstellung, akademische Professionals und Kuratoren diese Fragestellungen und wagen den Blick auf eine Kunstform, die sich nicht leicht tut, den Ausstellungsraum als ihr Zuhause zu definieren.
Die Zukunft der Games
Computerspiele sind längst kein Randphänomen mehr, sondern fester Bestandteil des Alltags vieler Menschen. Aufgrund ihrer Interaktivität und ihrer ungeheuren Sogwirkung nehmen Computerspiele in der Lebenswelt ihrer Spieler oft einen großen Stellenwert ein. Die im digitalen Spiel stattfindenden Informations- und Kommunikationsprozesse gehen über reine »Mensch-Maschine-Interaktionen« hinaus. Spiele sind daher nicht nur Unterhaltungsmedien, sondern auch soziale Kommunikationsmedien. Viele Spieler finden in der digitalen Welt eine soziale Gemeinschaft, mit der sie sich identifizieren können. Die Regeln und Rituale dieser Gemeinschaft können auch ihr kommunikatives Handeln prägen. Das gilt zum Beispiel für ihr Zeitgefühl, die Steuerung ihrer Aufmerksamkeit oder das Empfinden von Emotionen. Will man die Gegenwart und Zukunft der Computerspiele analysieren, muss man also das gesamte Lebensumfeld der Spieler und die Integration der Computerspiele in ihr Alltagshandeln in den Blick nehmen. Es greift zu kurz, sich auf die Analyse einzelner Spielsituationen und spezifischen Spielverhaltens zu beschränken, um allgemeingültige Aussagen treffen zu können.
Zwischen virtueller und physischer Realität: die Räume des Computerspiels
Ausgehend von dem Befund, dass Realität nicht allein an eine physische Gegenständlichkeit gebunden ist, sondern auch immaterielle oder virtuelle Dinge real sein können, widmet sich der Vortrag den Interdependenzen und Überlappungen zwischen Wirklichkeit und (digitalem) Spiel, um einerseits und im Allgemeinen die Möglichkeiten der Durchdringung und Überformung zu erörtern sowie andererseits und im Speziellen Aufschluss über die besondere Räumlichkeit von sowohl Computerspielen als auch des Erlebens von Welt zu erhalten. Neben verschiedene Methoden der Game Studies zur Analyse interaktiver Bilder wird hierfür auf die Raumtheorie des Gesellschaftswissenschaftlers Henri Lefebvres zurückgegriffen und die Dialektik zwischen wahrgenommenen, konzipierten und gelebten Räumen an Computerspielen aufgezeigt.
Can I leave now?
Wir bewegen uns auf eine Zeit zu, in der jeglich denkbare Situation bereits medial durchgespielt wurde. Ob im Film, Fernsehen, Facebook oder Videospiel, selbst sozialer Umgang wird uns als konstruiertes System präsentiert, das nach vorgefertigten Regeln funktioniert. Wann trennt sich das körperliche Erleben von der Simulation? Kann ich auch mit Objekten sozial sein, wenn ich die Welt sowieso nur noch über Objekte wahrnehme? Wann entsteht der Wille, etwas wirklich Neues zu erleben? Was heisst das eigentlich, und wo kann man das überhaupt noch tun? Eine Performance über den Körper, Video–Spiele und den Umgang mit Objekten. Mit Friedrich Kirschner und Studierenden der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch des Studiengangs Zeitgenössische Puppenspielkunst. Die Räumlichkeiten für die Performance stellt das Institut für Bewegtbildstudien der Fachhochschule Dortmund zur Verfügung.
Spiele machen ernst – Games in der Kulturgesellschaft
Das Abschlusspanel blickt auf die Festivalkonferenz zurück und widmet sich den digitalen Spielen als kulturgesellschaftlicher Faktor. Gefragt wird nach dem künstlerischen, medienpädagogischen und kreativwirtschaftlichen Potential der Computerspiele. Wie müssen in diesen Handlungsfeldern die Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Games aussehen? Welche Perspektiven haben digitale Spiele auch jenseits von Kommerz und Fun pur? Die Diskussionsteilnehmer aus Kunst und Kultur, Medien und Wirtschaft suchen Antworten auf diese sowie weitere Fragen. Beteiligt werden auch jugendliche Gamer im Publikum. Das Panel wird im Rahmen des »Kulturpolitischen Forums« vom WDR aufgezeichnet und gesendet.
Auch an diesem Abend zogen wir mit Glanz und Energie in ein Lokal ein, um zu speisen und zu lachen. Auch Frau @silbendrechsler & Hammer Labs beehrten die Runde. Perfekt.
Und jetzt: Übervoller ICE. Aber es ist die Leidenschaft, die uns am Leben hält.