Past Pitches: Call of Duty: Modern Warfare 2

 

Wenn der Ruf der Pflicht des Modernen Kriegstreibens zum zweiten Male ertönt, werden Konkurrenten weiß-grünlich im Gesicht und verschieben eilig ihre Titel! Harmlose Buben und Mädels greifen jedoch mit großer Freude zu den Waffen und lassen sich auf den Adrenalinbrocken in großen Zahlen Call of Duty: Modern Warfare 2 ein. Auch die Gamepals ziehen ins Gefecht – hier unser Frontbericht.

Fiktive Zeitungs-Schlagzeilen aus Call of Duty: Modern Warfare 2 könnten etwa folgendermaßen lauten „Nationale Katastrophe! Das Weiße Haus heizt mit Panzerfäusten!“, „Nationale Katastrophe! Russen trampeln in US-Vorgärten herum!“ und „Internationale Katastrophe! Terroristen räumen Flughafen – Gangsterstyle!“ Um eines vorweg zu nehmen: Nein, der Singleplayermodus ist nicht zu kurz. Und zwar nicht, weil die Multiplayer-Modi noch so viele weitere Spielstunden Spießspaß bieten, sondern weil die sechs bis acht Stunden Singlespiel von solch packender Intensität und ausgeklügelter Technik stecken, dass man seinen oder wenigstens einen Hut (wahlweise Stahl- oder Blauhelm) vor den Codern ziehen muss: This IS indeed INTENSE!

Die Call of Duty-Serie schickt den Spieler in Modern Warfare 2 wieder in die Krisenherde der Gegenwart. Nachdem Entwickler Treyarch den virtuellen Ausflug an die Fronten des Zweiten Weltkriegs – Call of Duty: World at War – programmierte, ist für den sechsten Teil der Actionspiel-Reihe wieder Infinity Ward zuständig. Der Titel gibt sich fortsetzungsfreudig: Er knüpft direkt an den Plot des Blockbusters Call of Duty 4: Modern Warfare an, der weltweit bleibenden Eindruck hinterließ (14 Millionen verkaufte Exemplare, „Das am häufigsten gespielte Online-Videospiel aller Zeiten“ (Guinness World Records 2009), mehr als 50 Auszeichnungen zum Spiel des Jahres, darunter Console Game of the Year und Overall Game of the Year 2007 der Academy of Interactive Arts & Science).

Entscheidet man sich zunächst für die Singleplayer-Kampagne bekommt man es als Spieler mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Schauplätzen zu tun: Das eisige Russland, ein staubiges Afghanistan oder die verarmten Ecken Rio de Janeiros sowie amerikanische Vorstadtidylle unter Belagerung – sie alle sind nur ein kleiner Teil der Einzelspielerkampagne, die Euch als Teil der Anti-Terroreinheit namens „Task Force 141“ unter der Leitung des ehemaligen Rookie „Soap“ McTavish zu Wasser (Schlauchboot-Verfolgungsjagd), zu Lande (zu Fuß oder im Jeep) und zu Luft (Helikopter-Angriff) rund um den Globus schießend, sprengend und vernichtend führt. Zu mal lauernden, mal läuternden und mal lauten beziehungsweise pathetischen Tönen von Hans Zimmer wechselt der Spieler schneller die Identitäten der Protagonisten und Handfeuerwaffen als Midway und Atari die Anteilseigner in den letzten 10 Jahren zusammen. Der Schwierigkeitsgrad bleibt dabei fair und die Rücksetzpunkte sind ausgewogen verteilt – auch schlechtere Spieler sollten den einfallsreichen und originellen Abspann mit ein wenig Mühe zu Gesicht bekommen. Call of Duty: Modern Warfare 2 ist ein Spiel von Männern für Männer unter der Beteiligung von Männern, das auf Spielgewohnheiten von Männern zielt. Der zu jeder Zeit grafisch beeindruckende Feldzug gegen/für Nationalismus und/oder Terrorismus verzichtet auf das weibliche Geschlecht vollständig – es taucht nicht auf (Ausnahme: Opferrolle).

Was natürlich auftaucht, ist der Multiplayer-Part. Schließlich ist Call of Duty 4: Modern Warfare bis heute einer DER Multiplayer-Spiele überhaupt. Zwar macht Infinity Ward all denjenigen Spieler einen Strich durch die Rechnung, die einen Koop-Modus für die Kampagne erhofft hatten, aber gleichzeitig versöhnen die Entwickler die verärgerte Meute durch ein schönes Geschenk: Spec Ops. Es handelt sich um einen neuen Zweispieler-Modus, der sich entweder online oder im Splitscreen spielen lässt und bestimmte Set Pieces aus der Kampagne aufbietet, auf dass diese gemeinsam von Spielerseite angegangen werden können. Da die Erzählung der Kampagne nicht mehr bietet als Versuche eines Schimpansen, einen Tom Clancy-Roman zu imitieren (Original und Fälschung wären mit Sicherheit sowieso nicht zu unterscheiden!), kann hier guten Gewissens von einem vollen Erfolg gesprochen werden. Der Spec Ops-Modus motiviert unheimlich und ist somit eine tolle Neuerung. Das reguläre Multiplayer-Angebot ist – wie zu erwarten – bombastisch und im Vergleich zum Vorgänger noch optionsreicher, obgleich die unterschiedlichen Maps jetzt einen Tick mehr Einspielzeit benötigen.

Ach so, zum Abschluss noch ein Wort zu Moral und Anstand, Sitte und Recht! Ja, es gibt bedeutsamere und nachdenklich stimmendere Momente als das Flughafen-Level im Spiel, ja, es ist eine vertane Chance, dass das Spiel in solchen Situation eigenes Handeln nicht zulässt bzw. es nicht wertet. Ja, es stimmt mich nachdenklich, dass alles, was man Six Days in Fallujah vorwarf, jetzt in diesem Spiel auftaucht. Ja, es macht mich NOCH nachdenklicher, dass der Call of Duty: Modern Warfare-Trailer mit Eminem unterlegt wurde, um Krieg endgültig als popkulturelles Artefakt abfeiern zu können. Wo sind eigentlich all die Zivilisten in diesem Spiel hin? Das macht einen doch nachdenklich…

Meinung:

Call of Duty: Modern Warfare 2 ist ein Spiel der Mythen. Folgt man Roland Barthes können solche Begriffe, Erklärungsmuster oder Produkte mit fundamentaler öffentlicher Ausstrahlung darstellen. Somit sind sie auch in der Lage, sozialen Zusammenhalt und Herrschaft zu sichern. Die Mythen, die der technisch brillante Shooter aufgreift, sind traditioneller, wenn nicht gar archaischer Natur: Verschwörungen und verdeckte Operationen bilden das Netz, in dem der Spieler sich fortlaufend bewegt. Ganz im Gegensatz zum modernen Kriegsgeschehen, das den einzelnen Soldaten völlig auszublenden droht, ist es am Ende eben doch der Messerwurf, geboren aus Manneskraft und Überwillen, (siehe Starship Troopers: „Wozu brauchen wir ein Messer?“) der über Sieg und Niederlage der größten aller Nationen entscheidet. Intellektuell bietet der Titel somit ein eigenes Metaspiel: Ideologisches Hinterfragen, normative Urteilsbewerfung – wenn das nicht Multiplayer-Spaß vom Feinsten bedeutet!

Wissenswertes:

Call of Duty: Modern Warfare 2 verkaufte sich innerhalb der ersten 24 Std. 4,7 Mio. mal

Infinity Ward wurde 2001 von  Ex-Entwicklern des Spiels Medal of Honor Allied Assault gegründet

Positiv:

– intensives und packendes Spielerlebnis im Singleplayer-Modus

– Multiplayervarianten überzeugen ebenfalls

Negativ:

– zementiert den Mythos eines sauberen Kriegs

– zelebriert Männlichkeitsbilder 101

 

Publisher: Activison

Entwickler: Infinity Ward

Genre: First Person Shooter

USK: 18

Auch erhältlich für: PC, PlayStation 3

 

 

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