Lange wird es vermutlich nicht mehr dauern, bis der erste Schnee fällt, die Luft ist bereits angenehm kühl und klar: Ist man dann erstmal im eigenen warmen Wohnzimmer, kann man gemütlich zur Comic-Lektüre greifen. Auch im September und Oktober landete wieder eine kleine Auswahl aktueller Publikationen auf meinem Schreibtisch. Danke an dieser Stelle wie immer an Panini und Weissblech für die Bemusterung.
Knusper, knusper, knäuschen, wer latscht da in mein Häuschen?! Charon weiss Unangenehmes zu berichten von Solchen, die sich unbefugt in den Wohnstätten übernatürlicher Kreaturen rumtreiben, und auch von armen Gestalten, die zum Betreten derselben genötigt werden – lest selbst in Hexenhausund Abseits des Weges! Doch der alte Fährmann weiss nicht nur von düsteren Immobilien und ihren irrlichternden Bewohnern zu berichten, sondern er hat auch schon dem fahrenden Volk sein Ohr geliehen – wir gehen ein Jahrhundert in der Zeit zurück und begegnen dort den Mitgliedern eines Wanderzirkus … und seiner Hauptattraktion:Anton Plutonev!
Hervorragend packt der Autor Levin Kurio deutsche Befindlichkeiten und Attitüde mit einem Augenzwinkern in diese klassische Gruselgeschichte. Auch die Erklärung des Kometeneinschlages in der Tundra zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist Watchmen-mäßig gelungen. Insgesamt einer der besten Horrorschocker, die mir in den letzten Jahren unterkamen.
In einer Welt, in der dem Verbrechen durch einen einzelnen Dunklen Ritter nicht mehr beizukommen ist, wird es Zeit für eine modernere Herangehensweise: Bruce Wayne will Batman zu einem Franchise machen. Willkommen bei BATMAN INC.!
Tja, zwischen Wirtschaftsunternehmen aufbauen und Pussy flachlegen – so kennen wir Batman. NICHT. Zumindest macht es bei mir da einfach nicht KLICK. Zumal nach der ersten Geschichte auch noch eine seltsame Verschwörungsgeschichte hinzukommt. Oder habe ich auch die nicht verstanden? Hmm….! Auf jeden Fall nicht mein Ding.
Wir befinden uns in den 70er-Jahren, und John McClane, der unerschrockene Held des Action-Kinos, erlebt als junger Streifenpolizist seine ersten Einsätze: Am 4. Juli 1976, dem Tag der Zweihundertjahrfeier der amerikanischen Unabhängigkeit, plant ein Öko-Aktivist mit seinen Helfershelfern ein Attentat auf die Reichen und Schönen der Stadt, die sich zur Party an Bord einer Jacht auf dem Hudson River versammelt haben. Womit die Terroristen nicht gerechnet haben: Kein anderer als der blutjunge GrünschnabelJohn McClane ist für die Sicherheit an Bord dieser Jacht verantwortlich … und er hat vor, den Übeltätern einen dicken Strich durch die Rechnung zu machen.
Boris Kunz hat den Band für TITEL Kulturmagazin sehr schön besprochen. „Eigentlich ist der Comic ein Stadt- und Zeitportrait. Die Story ist dann besonders gelungen, wenn sie vermittels der auftretenden Figuren die verschiedenen sozialen Schichten New Yorks unter die Lupe nimmt, die Zeichnungen brillieren viel mehr durch die Frisuren, Klamotten, die Autos und Straßenportraits als durch Schlägereien und Action.“ Genau dieses Gefühl hatte ich bei der Lektüre nämlich auch. Ich empfand die maue Zwischendurch-Action eher als störend, denn als notwendig. Die Die Hard-Filme waren zu ihrer Zeit packende Actionfilme, ex post wirken sie aber, weil John McClane einfach ein recht liebenswerter Charakter ist. Zu erfahren, wie er so wurde, wie er in den Filmen ist, wäre die große Chance der Comicerzählung gewesen – dies wird leider nur zum Teil eingelöst.
Mark Millar (KICK-ASS) und Steve McNiven(NEW AVENGERS), das Team, das Marvels Mega-Seller CIVIL WAR und OLD MAN LOGANproduzierte, lässt nun Nemesis auf die armen, unschuldigen Comic-Leser los. Und dabei klingt alles so vertraut: Die Eltern sind tot, ein Milliardenerbe folgt, dann gibt es tolle Autos, Gimmicks, Maske und Cape – ein Mann mit Mission ist geboren. Aber die Mission ist nicht die, die Welt vom Bösen zu befreien. Nemesis nimmt das viele Geld lieber, um als Schurke die Welt in Angst und Schrecken zu versetzen, und zwar nachhaltig.
„Yeah, schieß auf den Bus mit den behinderten Schulkindern, kleinen Kätzchen und jüdischen Senioren, die das KZ überlebten, nur, um jetzt hier in die verfickte Luft gesprengt zu werden, du harter Sohn einer Hure!!!“ Ach so, manche Leserinnen haben auf diese Mentalität keine Lust? Dann sollten sie die Lektüre von Nemesis auch meiden. Sie werden sich nur aufregen. Ich selbst hätte es auch wesentlich geschmackvoller gefunden, aus den beeindruckenden Bildern der Gewalt einen Bildband zu basteln statt eine derart alberne Geschichte rund um die porntorture Achterbahnfahrt zu basteln. Hmm, Mark Millar.